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"Fahrsicherheit: Anregungen für Ringfahrer - 1. Fahrer"

 
Ursprüngliche Nachricht
 
Veröffentlicht im Namen von
Alexander Brandner,
Bernard (Hoss) M. Piller,
Michael (zmi) Zieger,
Robert Kovac,
Robert (Doppel-R) Riesenberger,
Wolfgang (Wogo) Goedl,
Wolfgang (UFP) Obstmayer,
am 2000-10-26

1 Fahrer

1.1 Material

1.1.1 Helm

Der Helm sollte der Prüfnorm ECE22-04 oder höher entsprechen.
Alter des Helms ist nur bei Helmen aus PVC/PU relevant. Diese Helme sollten insbesondere auf dem Ring - aber auch auf der Straße - ohnehin nicht verwendet werden! Derzeit sind Helme aus Fiberglaß (GFK) /Carbon als Stand der Technik anzusehen.
Austauschen nach Sturz? - In jedem Fall, wenn der Helm Bodenkontakt hatte.
Am besten ein halbwegs aktueller Integralhelm, der nicht gerade aus dem Baumax-Kramschtischerl gefischt wurde. Klapphelme haben sich im Falle eines Sturzes auf der Rennstrecke eher nicht bewährt - Siehe Eriks Crash am Pannoniaring auf www.motorradseiten.at. Hier appellieren wir an den gesunden Hausverstand jedes einzelnen, da ja das Kopferl meist ein doch schützenswerter Körperteil ist. Der Sitz muß fest sein, kein Andrücken an die Nase oder Verdrehen auf dem Kopf darf möglich sein.Achtung bei älteren Helmen, das Futter gibt oft nach und läßt den Helm lockerer werden.
Helm soll nicht, wenn man ihn oben am Kopf ansetzt, "einfach" herunterfallen (weil eben so viel Platz ist) sondern sollte eng an den Backen/Kiefer anliegen.
Test: wenn man Kaugummi kaut (oder ähnliches) sollte der Sitz an den Backen enger werden und nicht gleichbleiben, denn dann ist er zu locker. Noch deutlicher: Wenn man Kaugummi kaut, mit aufgesetztem Helm, dann sollte man das Gefühl haben sich jeden Moment in die Wange zu beißen.
Fester, nicht nachgebender Sitz des Kinnriemens ist obligatorisch, der Arai-Schlaufenverschluß - Auch Doppelschlaufenverschluß genannt. - ist hier der beste.
Qualitätshelme kosten in der Regel ab 4.000,- ATS aufwärts. Da sich der Preis nicht nur aus der Verarbeitung und dem Material zusammensetzt sondern auch vom Design mitbestimmt wird, sollte man in Erwägung ziehen einen einfärbigen Helm zu erstehen, wenn man schon sparen will.

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1.1.2 Bekleidung / Lederkombi

Auf der Rennstrecke ist Lederbekleidung der Vorzug zu geben. Synthetikkleidung reißt leichter auf und ist nicht so abriebfest und hat auf der Rennstrecke nichts verloren! Einteiler sind wiederum gegenüber Zweiteilern zu bevorzugen. Wenn man einen Sturz (mit langer Rutschphase) gesehen hat, bei der der verbindende Reißverschluß aufging/riß, stellt die Bequemlichkeit des Zweiteilers kein Kriterium mehr da. (Falls es zu heiß fürs Leder ist kann man leicht in kurze Hose und Leiberl wechseln.)

  • Für reinen Ringbetrieb daher unbedingt Einteiler.
  • Bei Zweiteilern ist auf einen stabilen und geschützten Reißverschluß zwischen Hose und Jacke zu achten.
Nähte an exponierten Stellen sollten verdeckt genäht sein. Dadurch ist das durchscheuern der Naht weniger wahrscheinlich.
Bei der Anschaffung ist weiters auf guten Sitzt und eingenähte - nicht in (Innen-)Taschen eingesteckte - Protektoren zu achten. Diese Kombination gewährleistet, daß man sich in seiner Kombi wohlfühlt und die Protektoren im Fall des Falles an der Stelle sind, wo sie auch was helfen und nicht auf und davon gerutscht sind.
Knieschleifer sind wichtig, nicht um mit dem Verschleiß der selben anzugeben, sondern um die Lederkombi im Fahrbetrieb zu schützen.
Sinnvolle Kombis beginnen bei 9.000,- ATS. Niedrige Preise bei allzu günstigen Sonderangeboten sollten - wie auch bei allen anderen Ausrüstungsgegenständen - zur Vorsicht mahnen.

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1.1.3 Rückenprotektor

Nicht zu vergessen ein ordentlicher Rückenprotektor (sogenannte Schildkröte), der gut sitzt und nicht dauernd verrutscht.
Diese gibt es in verschiedensten Ausführungen: vom Nierengurt mit eingebautem, kurzem Protektor, bis zur ärmellosen Jacke, die unter dem Lederkombi angezogen wird, und den Rücken respektive die Wirbelsäule wirklich großflächig schützt, und durch die Jackenform auch nicht so schnell verrutscht.
Wichtig sind ein Hartschalensystem auf der Außenseite und eine Abdeckung der gesamten Wirbelsäule (inkl. Steißbein).
Ist bei den Highend-Kombis in vernünftiger Ausführung dabei, ansonsten ab 1.000,- ATS extra zu erwerben. Auch hier auf den Tragekomfort achten und unbedingt aufs Motorrad setzen beim Anprobieren. Besser ist natürlich eine Probefahrt, denn da merkt man am ehesten, ob man durch das neue Teil in seinen gewohnten Bewegungsabläufen behindert wird, was dazu führt, daß man sich immer überwinden muß um das Teil auch wirklich zu tragen.

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1.1.4 Protektoren

Momentan scheinen sich die Hartschalenprotektoren, die aus einer Plastikform mit eingelegtem Schaumstoff oder ähnlichem bestehen, im Bereich Ellbogen, Schultergelenk und Knie / Schienbein durchgesetzt zu haben.
Im Bereich Becken/Hüften und Oberschenkel werden meistens Schaumstoffprotektoren verwendet.
Für den Rücken sind oft weiche Protektoren in der Lederkombi eingearbeitet, wirklich schützen können aber nur große (vom Kreuzbein bis zum Beginn der Halswirbelsäule siehe 1.1.3) Hartschalenprotektoren.
Es gibt auch (die meist "billigeren") Lederkombis mit "weichen" Protektoren, die zwar besser sind als nix, aber an die Schutzfunktion eines ordentlichen Hartschalenprotektors nicht herankommen. Sie sind, weil der Kombihersteller von einem baldigen Umstieg auf "echte" Protektoren ausgeht, meist nur in Innentaschen der Kombi eingesteckt und neigen daher eher zum Verrutschen als die Hartschalenprotektoren.
Wichtig: Protektoren erfüllen ihre Aufgabe nur, wenn sie nicht mit der Kleidung verrutschen können. Speziell im Ellbogen- / Unterarmbereich, ist auf ausreichend engen Sitz der Ärmel zu achten! Eine der häufigsten Verletzungen sind Abschürfungen/Prellungen in dem Bereich, weil in der Rutschphase der Ärmel verdreht wird.
Natürlich ist eine sehr eng sitzende Lederkombi nicht so bequem. Das ist aber auch nicht ihre Hauptaufgabe. Hier ist jeder selbst gefordert herauszufinden, mit welcher Ausrüstung die Gratwanderung zwischen Bequemlichkeit und Sicherheit am besten zu bewältigen ist.

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1.1.5 Handschuhe

Gutes Leder mit Protektoren (Nieten / zusätzliche Lederschichten) im Bereich des Ballens sollen ein Durchscheuern bei langen Gleitphasen verhindern. Versteifendes Material soll Quetschungen bzw. das Eindringen von Fremdkörpern verhindern.
Wieder sehr wichtig: Der Handschuh sollte über einen Mechanismus (z.B. Lederriemen am Handgelenk) verfügen, der das Abziehen der Handschuhe verhindert. Bei längeren Rutschpartien am Allerwertesten greift man automatisch nach hinten, dabei wurde so mancher Handschuh (unbemerkt) verloren.
Känguruh- oder Ziegenleder, Protektoren aus Nieten, Carbon, Gel und Kevlar an Handballen, Handkante sowie Fingeroberseite. Viele Begriffe und daher noch viel mehr Kombinationsmöglichkeiten. Jeder muß für sich selbst entscheiden, was paßt, wieviel man für mehr Sicherheit bezahlen will, und letztendlich auch, was einem gefällt.
Qualitätshandschuhe gibt's ab 1.500,- ATS

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1.1.6 Stiefel

Füße und Beine sind erste Kandidaten für das Einquetschen unter dem Motorrad. Stabile Sohle, Knöchelschutz, Schienbeinschutz sind nicht nur für den Fahrbetrieb von Vorteil, auch beim rangieren kommt man öfter in Kontakt mit Seitenständer und Fußrasten.
Neuere Modelle von Daytona haben einen Kevlar(?)-Innenschuh der Quetschungen verhindern soll. Modelle der Konkurrenz ziehen derzeit nach. Teilweise mit Robocopartigen Metallverstärkungen außen am Stiefel.
Auf keinen Fall Schnürsenkel, die können sich verhedder.
Austauschbare Zehenschleifer sind sinnvoll um nicht jedes Jahr zum Schuster zu müssen um die Löcher zu stopfen.
Gute Stiefel kosten ab 2.500,- ATS

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1.2 Körper

Ringfahren ist enorm anstrengend. Eine gute Fitness bringt sehr viel für die Konzentration, besonders an heißen Sommertagen im warmen Ledergewand.
Am Vorabend nicht saufen, in den Fahrpausen nicht rauchen. Sehr viel Wasser oder elektrolythaltige Sportgetränke trinken. Obst essen (Bananen), gelegentlich was süßes (Müsliriegel) für den Zuckerspiegel. Nichts schweres essen (Schnitzel etc.).
Wie bei anderen Sportarten spielt die Ernährung und die Vorbereitung eine Rolle: Wer zu Mittag ein Schnitzerl mit Pommes und Mayo verdrückt, dazu ein Bierchen zwitschert, ist sicher danach bei 35°C im Schatten nicht der Beweglichste und Reaktionsschnellste. Hier gilt allgemein dasselbe wie bei vielen anderen Sportarten auch: Vorbereiten, konzentrieren, ausreichend Flüssigkeit zu sich nehmen. Ein kurzer Leitfaden von Dr. med. Christoph Scholl findet sich unter Punkt 3.5

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1.3 Geist

Die Einstellung ist sehr wichtig: Man kann in der Unterhose mit einem Moped ohne Helm um den Ring fahren, ohne sich dabei zu töten. Man kann auch mit einer alten Z (Kawasaki aus den 70'ern) mit Holzreifen und Opas Lederjacke um den Ring fahren, ohne sich dabei zu verletzen.
Die meisten fahren allerdings am Ring um irgendwelche Grenzen zu ertasten ...
Grenzen die gerne erforscht werden:

  1. Mehr Schräglage
  2. Schneller fahren (z.B. mehr als 130)
  3. Später bremsen
  4. Irgendwelche Rundenzeiten (von Freunden, Bekannten, afm'lern) unterbieten
Am Ring sind die Grenzen der Physik nicht aufgehoben. Es gibt dort nicht unendlich Grip und die verwendeten Reifen sind dort nicht besser als auf der öffentlichen Straße. Wer also am Ring schneller fahren, später bremsen und härter umlegen möchte, als auf der Straße, muß darauf achten, ob die mitgebrachten Materialien (Reifen, Fahrwerke, Bremsen etc.) da mitkönnen. Das wird leider genauso selten hinterfragt wie das eigene Fahrkönnen.
Speziell am Anfang ist ja schon sehr viel durch Mut zu erreichen, bald allerdings ist dann wirkliches Knowhow gefragt. Und da muß die geistige Einstellung stimmen:
Achte auf das, was Dir Dein Körper und dein Fahrzeug an Feedback geben! Wer sich und sein Motorrad ignoriert ist nicht hart sondern dumm, weil er sich unnötig in Gefahr begibt.

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